Taschenlampe auf Nachthimmel gerichtet

Namensfunde am Nachthimmel

Neue Namen kann man so gut wie überall finden. Heute wollen wir es uns darum mal ganz einfach machen und schauen auf unserer Suche nicht etwa ins Internet oder in ein Lexikon, sondern einfach nur nach oben. Und zwar nachts.

Luna
Das auffälligste und buchstäblich naheliegendste, was man sieht, wenn man des nachts in den Himmel blickt, ist natürlich der Mond. „Er“ ist trotz seiner grammatischen Männlichkeit im Deutschen in fast allen Mythologien eine Frau, so auch bei den Römern, die ihre Mondgöttin Luna nannten. Ihr Name erfreut sich momentan enormer Beliebtheit, mit Top-100-Platzierungen in den USA, Australien, Chile und den meisten europäischen Ländern, darunter auch ein Platz 60 in Deutschland. Ob das wohl etwas mit Harry-Potter-Heldin Luna Lovegood zu tun hat?

Stella
Wer Luna sagt, muss auch Stella sagen. Das lateinische und italienische Wort für Stern ist international ähnlich beliebt wie Luna, in Deutschland etwa landet sie auf Platz 75. Beide passen nicht nur thematisch gut zusammen, sie werden auch gerne als Namen für Schwestern gewählt. US-Schauspielerin Ellen Pompeo benutzte gleich beide Namen auf einmal: ihre älteste Tochter heißt Stella Luna.

Leo
Zum Namen Leo kann man auf viele Arten kommen, als Kurzform von Leonhard oder Leonidas zum Beispiel. Ganz direkt ist Leo aus dem Lateinischen übersetzt der Löwe und damit auch das gleichnamige Sternbild; im Englischen wird auch das zugehörige astrologische Sternzeichen als „leo“ bezeichnet. Als Name ist Leo schon sehr lange in Gebrauch, wurde von 13 Päpsten und 6 byzantinischen Kaisern getragen und ist aktuell wieder im Aufwärtstrend, unter anderem mit Platz 30 in Deutschland und Platz 1 in Finnland.

Estelle
Die französische Variante von Stella ist vor allem durch die bald fünfjährige Prinzessin Estelle von Schweden bekannt. Die ist mit ihrem Namen allerdings ziemlich alleine, denn Estelle ist in Skandinavien nicht üblich, daran hat auch die Namenswahl des Thronfolgerpaares nichts geändert, und selbst im Ursprungsland Frankreich wurde Estelle häufigkeitstechnisch inzwischen von der internationaleren Stella überholt.

Elara
Nicht nur die Erde hat einen Mond, andere Planeten natürlich auch: Jupiter zum Beispiel hat nach derzeitigem Wissensstand sogar 67, und der 13. davon trägt den wunderschönen Namen Elara. Dieser Name ist natürlich nicht zufällig gewählt, sondern entstammt der griechischen Mythologie. Dort war Elara – genau wie die Namensvorbilder für die größten vier Jupitermonde, Io, Europa, Ganymed und Kallisto – eine Geliebte von Zeus. Die Liebschaft blieb allerdings kurz und endete tragisch: Elara starb bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes Tityos, und sogar der wird ihr in manchen Versionen der Geschichte abgesprochen und stattdessen Erdgöttin Gaia zugeordnet. Ob es an dieser traurigen Vorgeschichte liegt, dass Elara sich als Name in der Neuzeit nicht durchsetzen konnte? Zur aktuellen Mode passen würde er jedenfalls. Ich zumindest war überrascht, als ich Elara international in keiner einzigen Statistik finden konnte.

Celeste
Als einen meiner heimlichen Lieblingsnamen muss ich an dieser Stelle natürlich auch Celeste erwähnen, obwohl sie streng genommen nichts mit der Nacht zu tun hat: coelum ist im Lateinischen einfach nur der Himmel. Als Name durchgesetzt hat sich Celeste im Italienischen (gesprochen tsche-LES-te) sowie im Französischen und in in den USA (ße-LEST) – eine deutsche Entsprechung wäre am ehesten noch die etwas mittelalterlich anmutende Zölestine. Ein versteckter Bonus zu Celeste ist die Literaturanspielung: Das Mädchen aus Cornelia Funkes „Reckless“-Büchern, das Fuchs genannt wird, heißt so.

Regula
Jetzt verlassen wir kurz den uns bekannten Nachthimmel und betrachten, was man von Europa aus nicht sehen kann: Die Sternbilder des Südhimmels. Deren Namen unterscheiden sich deutlich von denen am Nordhimmel, zum Beispiel finden sich neben den Sternbildern Mikroskop und Luftpumpe auch Winkelmaß und Lineal, auf Latein Norma et Regula. Regula ist außerdem ein weiblicher Vorname, der in den 60er Jahren in der Schweiz beliebt war. Die Damen mit diesem Namen müssen auf die Frage nach seiner Bedeutung aber zum Glück nicht mit „Lineal“ antworten: Regula ist auch die weibliche, verniedlichte Form von Rex, also übersetzt die kleine Königin.
Der perfekte astro-nerdige Geschwistername dazu wäre natürlich Norma, das Winkelmaß. (Wenn diese Bedeutung nicht gefällt: Norma ist auch die Hauptperson einer gleichnamigen Oper und natürlich die weibliche Form von Norman.)

Pollux
Dieser Name ist für alle, die entweder a) zwischen Ende Mai und Mitte Juni geboren sind oder b) sich die Gebärmutter mit einem Geschwisterkind geteilt haben, kurz gesagt: für Zwillinge. Pollux ist in der griechischen Mythologie und dementsprechend auch am Nachthimmel der Zwilling von Kastor, nach ihnen sind die beiden hellsten Sterne im Sternbild Zwilling benannt. Kastor mag wegen der gleichnamigen Atommülltransporter zwar kein schönes Namensvorbild mehr sein, Pollux bleibt davon aber zum Glück unberührt. Wahlweise ein Plus- oder Minuspunkt: die niedliche Bedeutung „sehr süß“.

Atlas
Noch mehr griechische Mythologie: Der Kerl, nach dem die Atlanten benannt sind, war ein Titan und wurde von Zeus dazu gezwungen, das Firmament auf den Schultern zu tragen. Das ist aber nicht seine einzige Verbindung zum Himmel, auch einer der Monde des Saturn heißt Atlas. Obwohl ich den Namen irgendwie mag, muss ich zugeben, dass er durch das Wort Atlas ziemlich unbenutzbar wird. In Deutschland würde ich ein Kind jedenfalls nicht Atlas nennen. Die USA, wo Babynamen immer diverser und gewagter werden, haben Atlas allerdings bereits für sich entdeckt und auf Platz 490 katapultiert.

Raman
Kehren wir für den Abschluss noch einmal zu unserem eigenen Mond zurück. Der ist, wie jeder weiß, mit Kratern übersät. Was weniger bekannt ist: die meisten dieser Krater haben, genau wie die Berge und Täler auf der Erde, einen Namen, und einer davon heißt Raman. Nun wurde dieser Name zwar – wie die der meisten Mondkrater – nach einem Nachnamen gewählt, nämlich dem des indischen Physikers C.V. Raman, er lässt sich aber auch als Vorname herleiten. Raman ist nämlich eine weißrussische Variante vom Namen Roman, der nichts mit Romanen zu tun hat, sondern auf die Stadt Rom zurückgeht – also, wenn man so will, eine moderne Variante des antiken Namens Romulus ist.


 

veröffentlicht von

Wanda

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