Namensehrung in TV Serien

Vor einigen Monaten gab es im Vornamerei-Forum eine Diskussion über Nachbenennung – also die Praxis, den Namen eines Kindes nicht (nur) nach Gefallen, sondern zu Ehren einer Person aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis auszuwählen. Das kann man auf viele Weisen tun: Den Vornamen einfach übernehmen, einen Spitznamen der Person verwenden oder diese Person den Namen des Kindes wählen lassen. Manchmal bietet sich auch der Nachname an, oder eine modernisierte Variante des Vornamens. Die möglichen Vor- und Nachteile dieser (und weiterer) Möglichkeiten der Nachbenennung soll dieser Blogpost näher beleuchten. Und da alle Theorie bekanntlich grau ist, die Welt der Vornamen aber lebendig und bunt, tut er das am Beispiel beliebter Fernsehserien.

SPOILER-(Ent-)WARNUNG: Der folgende Blogpost beinhaltet leichte Spoiler für die ersten 7 Staffeln von „Scrubs – die Anfänger“, leichte Spoiler für die erste Staffel „Game of Thrones“ und schwerwiegende Spoiler für alle Staffeln „Bones – die Knochenjägerin“

Scrubs

Jack
Als Jack Cox in der 2. Staffel von Scrubs geboren wird, möchte seine Mutter Jordan ihn eigentlich Quinn nennen, muss nach der Geburt aber feststellen, dass ihr Sohn „nicht wie ein Quinn aussieht“. Ein Ersatzname ist aber schnell gefunden, der Vater des Jungen möchte nämlich unbedingt einen Jack – auch wenn er gerade erst herausgefunden hat, dass das Kind von ihm ist.
– 1 / 5. Vom feststehenden Namen abzuweichen, weil das Baby „nicht aussieht wie ein xy“, ist ein hervorragender Grund, die Namenswahl später zu bereuen. Wenn dann auch noch die Ehrung eines geliebten Verwandten dadurch wegfällt und der Ersatzname auch noch so ein langweiliger Evergreen wie Jack ist, dann kann ich dieser Namensgebung nicht mehr viel abgewinnen.

Jennifer Dylan
Nach der Geburt des kleinen Mädchens kommt niemand vorbei, um es zu besuchen oder Glückwünsche zu überbringen. Einzig Protagonist J.D. leistet Mutter und Kind Gesellschaft und macht den Vorschlag für den Namen, den die Mutter spontan annimmt. Auf ihre Nachfrage, warum es gerade dieser Name sein soll, antwortet J.D. allerdings nur „keine Ahnung, ich mag den Namen“ und behält die zweite Hälfte, „und sie hieße für immer J.D.“, lieber für sich.
– 3 / 5 (wenn man darüber hinwegsieht, dass der Mutter die Nachbenennung nicht bewusst war). Die Anfangsbuchstaben zu nutzen, um die Verbindung zu einem wichtigen Menschen herzustellen, ist eine kreative Idee. Das Schöne daran ist, dass den Eltern bei der Auswahl des oder der Namen trotzdem relativ freie Wahl bleibt, was Stil, Bedeutung und Herkunft angeht. Noch ein Pluspunkt: Man kann – wie hier – mit dem Namen einer Tochter auch männliche Verwandte ehren und umgekehrt. Der große Nachteil bleibt allerdings: Die Verbindung ist recht subtil und muss vermutlich des Öfteren erläutert werden. Es sei denn, der Beehrte ist sowieso nur mit seinen Initialen bekannt – so wie hier.

Sam Perry Gilligan
Diese Namenswahl ist (fast) ganz allein auf dem Mist von Vater J.D. gewachsen: Sam war der Name seines 3 Staffeln zuvor verstorbenen Vaters und Perry ist offensichtlich eine Ehrung des Oberarztes Perry Cox (auch wenn J.D. behauptet, der Name würde einfach toll klingen). Drittname Gilligan war dagegen die Idee von J.D.s bestem Freund Turk, der eine Wette gegen ihn gewonnen hatte. Art und Gegenstand der Wette bleiben dem Zuschauer unbekannt.
– 4 / 5. Der Erstname nach einem geliebten Verstorbenen, damit macht man in keinem Fall etwas falsch. Der Zweitname nach dem geschätzten Mentor ist auch eine schöne Idee. Aber die Namensrechte als Wetteinsatz zu verspielen, und sei es nur für den Drittnamen, das kann ich nicht empfehlen.

Bones
Michael Staccato Vincent
Eigentlich waren sich die Eltern schon lange vor der Geburt einig: ihr Sohn soll Michael Joseph heißen. Der Vater der Mutter, ein exzentrischer Rockmusiker, hatte allerdings beschlossen, dass sein Enkelkind Staccato Mamba heißen soll („Der Name kam während eines Songs zu mir. Er passt zu einem Jungen und zu einem Mädchen!“). Als dann aber kurz vor der Geburt des Babys der Praktikant Vincent während der Arbeit stirbt, hat die Familie auf einmal ganz andere Sorgen als Babynamen.
– 5 / 5. Den eigenen Favoriten unbeirrt an die erste Position gesetzt, den Kreativvorschlag des Opas mit eingebaut und auch den verstorbenen Freund nicht vergessen – das gibt von mir die volle Punktzahl.

Christine Angela
Die werdende Mutter verkündet den Namen hier mit ziemlich viel Tamtam: In gemütlicher Runde mit allen Freunden und Kollegen kündigt sie an, den Erstnamen ihrer Tochter nach ihrer verstorbenen Mutter zu wählen und – dramatische Pause – den Zweitnamen nach ihrer (anwesenden) besten Freundin, die ziemlich überrascht und sichtlich gerührt ist.
– ?/5 – ich bin unentschlossen. Einerseits ist es natürlich sehr rührend, dem Vorbild für die Namensgebung die frohe Botschaft in großer Runde zu überbringen. Aber andererseits: Wenn er oder sie gar nicht als Vorbild dienen möchte, ist Peinlichkeit vorprogrammiert. Die Person schon vor der Geburt über die geplante Ehrung zu informieren, ist aber auf jeden Fall eine gute Idee – wenn auch vielleicht lieber in etwas privaterem Rahmen.

Seeley Lance
Daisy Wick und Lance Sweets führend bereits jahre- bzw. staffelnlang eine On-Off-Beziehung, als der Zuschauer erfährt, dass sie einen Sohn erwarten. Noch in derselben Folge stirbt Lance unerwartet. In seinen Notizen findet man – neben Hinweisen für die Aufklärung seines Todes – auch immer wieder den Name Seeley, denn Lance plante, das Baby nach seinem Freund und Kollegen Seeley Booth zu benennen.
– 4/5. Wenn der Vater des Kindes vor der Geburt stirbt, ist eine Benennung zu seinen Ehren fast schon Pflicht, sei es nun sein eigener Name oder der, den er dem Kind gerne gegeben hätte. Hier ist es beides. Und wie man über Tote nicht schlecht redet, kann man auch über diese Namenswahl nichts schlechtes sagen. Auch wenn Namenerds wie ich sich angesichts der drei aufeinanderfolgenden Einsilber in Seeley Lance Wick-Sweets sich schon fragen, ob sich die Langform Lancelot nicht besser in den Sprachfluss eingefügt hätte.

Hank II
Bei Christines kleinem Bruder verfällt die Verkündigung des Namens (zumindest für den Zuschauer) ins andere Extrem: Zu Beginn der neuen Staffel ist das Baby einfach da, fertig. Erst im Verlauf der Folgen erfährt man wie nebenbei den Namen, und den Zusammenhang, dass der Lieblingsopa von Hanks Vater ebenfalls Hank hieß, muss sich der aufmerksame Zuschauer selbst zusammenreimen.
– 5/5. Tamtam muss ja schließlich nicht immer sein.

Game of Thrones
Walder
Walder Frey hat an die hundert lebende Nachkommen. „Manche davon heißen Walder oder Walda“, wie er selbst wenig begeistert sagt, „weil die Eltern denken, sie werden dann meine Lieblinge.“ Bei so viel Doppelung ist die Verwechslungsgefahr natürlich hoch, und am Ende sind alle nur noch „der große Walder“, „der kleine Walder“, „die fette Walda“, und so weiter.
– 0 / 5. Immer mit einem Zusatz- oder Spitznamen gerufen zu werden, weil der Name alleine nicht eindeutig ist, nervt gewaltig. Erst recht, wenn man sogar im familiären Umfeld den Nachnamen dazusagen muss, wie beim unehelichen Sohn Walder Rivers. Und nach den ersten paar Dutzend Walders und Waldas hält sich auch die Begeisterung des Geehrten in Grenzen.

Barra
Barra kommt in einem Bordell zur Welt und ihre Mutter ist sich sicher, dass nur der König höchstpersönlich, Robert Baratheon, der zugehörige Vater sein kann. Um die royale Abstammung ihrer Tochter zu betonen und vielleicht auch, um sich weiterhin die Sympathie Roberts zu sichern, macht die Mutter dessen Nachnamen kurzerhand zu einem Vornamen.
– 4 / 5. In der Regel bekommen Kinder nur den Nachnamen eines Elternteils. Dass der andere Name trotzdem nicht verloren gehen soll, ist nachvollziehbar. In einigen Ländern gibt es auch schon den Trend dazu, diesen Nachnamen oder eine Abwandlung davon als Vornamen an zweiter oder dritter Stelle weiterzugeben. In Deutschland lässt die Gesetzeslage das momentan allerdings nicht zu – es sei denn natürlich, der Nachname ist zufällig ein zugelassener Vorname. Außerdem sollte vorher ausgeschlossen werden, dass sich der Nachname des Kindes doch noch ändert (etwa durch Heirat der Eltern), sonst könnte das Kind mit einem Namen wie Reinhard Reinhard oder Michelle Michel enden. Dass Barra einmal zu Barra Baratheon würde, dafür standen die Chancen aber von Anfang an eher gering.

Brandon
In der Familie von Bran, der eigentlich Brandon heißt, gab es schon viele Brandons vor ihm. Die Tradition geht wohl auf den legendären „Brandon der Erbauer“ zurück, der Brans Heimatstadt Winterfell errichtet hat. Unter anderem trugen ein Onkel und mehrere Vorfahren von Bran den Namen Brandon.
– 2 / 5. Das ist die „da-kann-man-nix-falsch-machen“-Variante. Verwechslungsgefahr besteht zwar nicht, wenn der Name nur alle ein bis zwei Generationen einmal vergeben wird, trotzdem wirkt er etwas lieblos und uninspiriert gewählt. Wer könnte schon sagen, ob Bran nun wirklich zu Ehren seines verstorbenen Onkels benannt wurde, oder ob er einfach den Standard-Namen der Familie Stark bekommen hat?

Rhaego
Die gleichen Namen in jeder Generation wieder zu verwenden, ist bei den Targaryens Tradition. Auch Danaerys beschließt, ihren Sohn nach ihrem Bruder Rhaegar zu benennen. Da der Vater aber vom Volk der Dothraki ist und der Junge dort aufwachsen wird, passt sie den Namen klanglich an die auf -o endenden Männernamen der Dothraki an.
– 5 / 5. Wenn man eine besondere Person ehren möchte, sollte man nicht davor zurückschrecken, den Namen gegebenenfalls anzupassen oder abzuwandeln. Ein Grund dafür kann sein, einen „alte-Leute-Namen“ moderner zu gestalten zu wollen – Henrik statt Heinrich, Lisa statt Elisabeth – oder ihn eben wie hier an eine andere Sprache und (Namens-)Kultur anzupassen – André statt Andreas, Maryann statt Marianne, Rhaego statt Rhaegar.

veröffentlicht von

Wanda

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