Promikinder, Popkultur und Namensgebung

Was Jaden und Hermine gemeinsam haben

Unsere Promibabynamen-Awards erwähnten es bereits: Ryan Reynolds und Blake Lively haben eine Tochter – keinen Sohn – namens James. Das hier soll aber kein Beitrag über Gender-Bending werden, sondern über den Einfluss, den Popkultur und Promis auf unsere eigene Namenswahl ausüben. Denn ich habe das Gefühl, in letzter Zeit häufiger von Mädchen namens James zu lesen, besonders als Zweitnamen: So waren unter den (weiblichen) Starbabys der letzten Jahre eine Mary James, eine Autumn James und sogar eine Jessie James.

Als ich diese Vermutung mithilfe der offiziellen Sozialversicherungslisten der USA überprüfen wollte, wurde ich allerdings enttäuscht: James hat es 2015 nicht einmal unter die beliebtesten 1000 Mädchennamen geschafft. Offenbar haben sich die Reichen und Schönen dieser Welt in diesem Fall hauptsächlich gegenseitig beeinflusst, der Mädchenname James bleibt ein Promiphänomen.

Dass Popkultur aber sehr wohl einen Einfluss auf die Namenswahl der Masse haben kann, zeigen andere Prominente: ein gutes Beispiel hierfür sind die Kinder von Schauspieler Will Smith. Zwar haben sich die Eltern den Namen Jaden, auch wenn man manchmal gegenteiliges hört, nicht selbst ausgedacht – in den USA wurden schon vor Jaden Smiths Geburt 1998 sowohl Jungen als auch Mädchen mit diesem Namen registriert – aber ein gewisser Einfluss ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man die Verbreitung von Jaden im Zeitverlauf betrachtet.

Im Jahr 2006 hatte Jaden Smith seine erste Filmhauptrolle in „Das Streben nach Glück“ – und 2007 stand Jaden plötzlich auch in den deutschen Vornamenstatistiken. 2010 erschien sein zweiter Film, die Neuauflage von „Karate Kid“, und machte seinen Namen in Deutschland noch einmal beliebter. Dass die Verbreitung von Jaden in Deutschland ausgerechnet zurückgeht, seit Jaden Smith 2014 für „After Earth“ zwei Goldene Himbeeren erhielt, ist aber bestimmt nur Zufall. Zumindest wollen wir hier mal nichts anderes unterstellen.

Verbreitung des Namens Jaden in Deutschland

Jadens jüngere Schwester hat ebenfalls einen extrem trendigen Namen: Sie heißt Willow, das englische Wort für Weide. Schwer zu sagen, ob hier die Smiths hier selbst den Trend ausgelöst haben, absichtlich einen aufstrebenden Namen ausgewählt haben oder mit ihrem Geschmack einfach nur ihrer Zeit voraus waren. Vermutlich haben die Smiths aber überhaupt keinen Wert auf Häufigkeiten gelegt, sondern darauf, dass der Name der Tochter dem des Vaters Will ähneln soll, so wie Jaden dem Namen seiner Mutter Jada ähnelt. Fest steht jedenfalls, dass ihr Name heute sehr viel häufiger vergeben wird als in Willow Smiths Geburtsjahr 2000.

Verbreitung des Namens Willow in den USA

Das Ganze funktioniert natürlich nicht nur mit amerikanischen Promikids. Ein deutsches Beispiel ist die Tochter von Heidi Klum, die zwar eigentlich Helene heißt, in den Medien aber fast nur als Leni auftaucht. Nach Lenis Geburt 2004 machte ihr Name, zuvor noch außerhalb der erfassten Häufigkeiten angesiedelt, einen Sprung nach oben und hat seitdem nicht mehr an Beliebtheit eingebüßt. Der Preis für den größten Einfluss auf Babynamenmode geht aber an Boris Becker: Wenn der seinen Sohn 1994 nicht Noah genannt hätte, würde man diesen hebräischen Namen, der „Ruhe“ bedeutet, wohl immer noch ausschließlich mit der Arche assoziieren – sicher für viele werdende Eltern ein Ausschlusskriterium. Doch seit Becker Jr. können sich viele einen Noah auch als kleinen Jungen vorstellen – zu erkennen daran, dass weltweit tatsächlich tausende kleine (und große) Jungen so heißen.

(Wo wir gerade dabei sind, an alle werdenden Promieltern: Könnten ein oder zwei von euch vielleicht ihren Sprössling Moses nennen, um diesen Namen auch endlich so wie Noah der breiten Masse zugänglich zu machen? Danke.)

Verbreitung des Namens Noah

Okay, diesen überragenden Welterfolg ganz allein den Beckers zuzuschreiben, ist vielleicht doch übertrieben. Aber zweifellos waren sie mit ihrer Namenswahl ihrer Zeit ein ganzes Stück voraus.

Bis jetzt war die Rede ausschließlich von prominentem Nachwuchs, ich hatte aber auch Popkultur versprochen. Das Popkulturphänomen meiner Generation ist natürlich Harry Potter, mit (unter anderem) neun Filmen, sieben Romanen und mehr Fanfiction, als irgendjemandem lieb ist. Bei mehr als 700 namentlich erwähnten Charakteren wäre es auch sehr verwunderlich, wenn nicht die eine oder andere Inspiration für den eigenen, nichtmagischen Nachwuchs dabei wäre. Spontan fallen mir da zwei Kandidatinnen ein: Hermine (Granger), die von den Fans anfangs als Streberin verschriene, später aber heiß geliebte weibliche Hauptfigur, und Luna (Lovegood), ein Jahr jünger als die Hauptcharaktere und eher vom Typ „wunderliches Kind“. Tatsächlich sind beide Namen in den letzten zwanzig Jahren sowohl in Deutschland als auch im Ursprungsland Großbritannien beliebter geworden, einen offensichtlichen Zusammenhang zu den Veröffentlichungsjahren der Bücher oder Filme kann ich aber nicht feststellen.

Verbreitung des Namens Luna

Verbreitung des Namens Hermine

Ein Wenig entsteht sogar der Eindruck, dass sich der Erfolg der beiden Namen erst einstellte, als sie medial weniger präsent waren. Drei mögliche Erklärungen dafür:

  • Die Eltern warten bewusst, bis sich der Hype etwas gelegt hat, um keine all zu offensichtliche Verbindung zwischen Kind und Film/Buch herzustellen (O-Ton „Habt ihr eure Hermine etwa im Kino gezeugt?“)
  • Nach mehreren Jahren ohne Neuigkeiten von den Helden ihrer Kindheit entwickeln die Eltern Entzugserscheinungen („Dann machen wir uns eben unsere eigene Luna!“)
  • Die Harry-Potter-Generation war vor 2011 einfach noch nicht in dem Alter, in dem man typischerweise Babynamen aussucht.

Der Name der Titelfigur Harry konnte hierzulande übrigens trotz des medialen Erfolgs nie richtig Fuß fassen – und in Großbritannien war er ohnehin schon beliebt. Aber dort verbindet man Harry wohl auch in erster Linie mit dem Königshaus und erst dann mit Zauberei.

Nach diesen eher uneindeutigen Beispielen habe ich zum Abschluss noch einen unbestreitbaren Beweis auf Lager dafür, dass Popkultur Babynamen beeinflusst. Dieses Beispiel stammt nämlich nicht von mir, sondern von den offiziellen „Fastest Rising Baby Names“ der US-amerikanischen Social Security List. Treue Fans ahnen es bereits: Der Popkultureinfluss ist das Fantasy-Epos Game of Thrones, und der zugehörige aufsteigende Name ist Arya. 2009 noch nicht in den Top 1000, kletterte er 2011, als die 1. Staffel lief, um beeindruckende 228 Plätze nach oben, im Jahr darauf sogar weitere 302. Zuletzt (2015) stand Arya auf Platz 201. mit den Zahlen für 2016 ist im Mai zu rechnen, und es wird wohl niemand dagegenhalten, wenn ich wette, dass Arya noch weiter gestiegen ist.

Verbreitung des Namens Arya

Gerne würde ich diese amerikanische Erfolgsgeschichte auch für Deutschland erzählen können – was interessieren schon die amerikanischen Moden in einem deutschsprachigen Blog? – aber das wird schwierig. Die viel kleinere Bevölkerungszahl hat zur Folge, dass a) nur die beliebtesten 500 (statt 1000) Namen veröffentlicht werden und b) Trends sich weniger eindeutig abzeichnen. Einen kleinen Triumph in Deutschland werde ich dem Publikumsliebling Arya Stark aber trotzdem zuschreiben, denn zumindest die Schreibweise ihres Namens hat sie beeinflusst: Seit 2016 ist Arya mit y häufiger als Aria mit i.

Zum Weiterlesen: Hobbynamensforscher Knud Bielefeld untersucht, welches Ereignis den Namen Kevin nach Deutschland brachte (http://blog.beliebte-vornamen.de/2016/12/ur-kevin-gefunden/), und nameberry.com berichtet, wie ein Lied die Häufigkeit eines ohnehin schon aufsteigenden Namens fast verdoppelte (http://nameberry.com/blog/tag/trendiest-baby-name) (Seite auf Englisch)

veröffentlicht von

Marisol

am

Kommentare

Maike

schrieb am Sa, 08/04/2018 - 17:21 um xy Uhr

test (nicht überprüft)

schrieb am So, 08/05/2018 - 10:50 um xy Uhr

teret (nicht überprüft)

schrieb am So, 08/05/2018 - 10:50 um xy Uhr