Pferdekutsche in Wien

Die lieben Nachbarn

In den allermeisten Fällen beziehen wir uns hier in der Vornamerei auf Deutschland – sei es mit der Aussprache, der Vergebbarkeit oder der Häufigkeit. Heute wollen wir aber einmal einen Blick über die Grenzen werfen und sehen, was unsere Nachbarländer namenstechnisch auszeichnet.

Die Regeln sind recht einfach: Ein Name gilt hier zum Beispiel als „typisch belgisch“ (österreichisch, schweizerisch, dänisch, polnisch, niederländisch, tschechisch), wenn er dort mindestens Platz 50 der Rangliste erreicht, hierzulande aber nicht mindestens Platz 500. Auf die gleiche Weise habe ich umgekehrt die aus belgischer (schweizer, niederländischer, tschechischer) Sicht „typisch deutschen“ Namen bestimmt. (Für Österreich, Polen und Dänemark war das wegen fehlender Daten leider nicht möglich bzw. nicht sinnvoll.)

Die landestypischen Schreibvarianten eines Namens habe ich als denselben Namen betrachtet.

Österreich
Da wir mit den Österreichern eine Sprache teilen, ist es naheliegend, dass auch die Nameswahl in beiden Ländern ähnlich abläuft. Die Daten können das bestätigen: In Österreich ist kein einziger Name beliebt, der in Deutschland nicht auch zumindest gelegentlich vergeben wird.

Schweiz
Auch in der Schweiz ist die Ähnlichkeit zu Deutschland noch zu spüren, aber immerhin drei Jungennamen sind dort beliebt, die es in Deutschland nicht gibt: Andrin, Enzo und Livio. Die umgekehrte Liste ist dagegen recht lang: Emma, Frieda, Josephine, Lara, Lena, Leni, Lotta, Marlene, Mia, Mila, Nele und Pia; Carl, Hannes, Jannik, Johannes, Jona, Lennard, Mats, Mika und Till kommen in der Schweiz gar nicht oder nur vereinzelt vor.

Belgien
Den Unterschied zwischen Belgien und Deutschland macht vor allem der Einfluss der französischen Sprache aus, aber auch die Nähe zu den Niederlanden und Großbritannien ist sichtbar. Belgische Namen, auf die man in Deutschland wohl eher nicht stoßen wird, sind Anaïs, Axelle, Aya, Camille, Chloé, Fien, Inaya, Jade, Juliette, Lore, Lucie, Manon und Nour sowie Eden, Ethan, Jules, Nolan, Seppe, Stan, Timéo, Tuur und Vic. Die typisch deutsche Liste der Belgier ist etwas kürzer: Frieda, Greta, Lotta, Marlene, Nele, Paula und Pia sowie Carl, Jannik, Jona, Mika, Moritz und Till.

Niederlande
Dafür, dass wir mit den „Holländern“ sprachlich einiges gemeinsam haben, sind die Unterschiede in der Namensmode überraschend groß. Benthe, Esmee, Evi, Femke, Fenna, Fleur, Lauren, Lieke, Loïs, Maud, Noa, Noor, Nova, Roos, Saar, Sanne und Tess; Boaz, Bram, Cas, Daan, Dex, Floris, Gijs, Guus, Jens, Joep, Mees, Noud, Siem, Stijn, Teun, Thijs, Tijn und Tygo sind in Deutschland entweder unbekannt oder komplett aus der Mode. Umgekehrt würden in den Niederlanden Clara, Frieda, Ida, Lia, Lotta, Mathilda, Melina, Nele, Paula und Pia sowie Carl, Emil, Henry, Jannik, Lennard, Linus, Niklas, Paul, Theo und Till auffallen.

Dänemark
Bei unseren dänischen Nachbarn ist der skandinavische Einfluss nicht zu übersehen, außerdem scheint der Anfangsbuchstabe V gerade beliebt zu sein. Typisch dänische Namen für Mädchen sind zur Zeit Agnes, Alberte, Asta, Astrid, Caroline, GryJohanne, Lærke, Mille, Nanna, Naya, Signe, Silje und Vigga, für Jungen Aksel, Asger, Elliot, Lauge, Laurits, Milas, Nohr, Storm, Thor, Valdemar, Viggo, Villads und Villum.

Polen
Der größte Unterschied in der Namensmode ist der zwischen Deutschland und Polen. Viele der Namen, die in Polen gerade beliebt sind, haben zwar eine deutsche Entsprechung, die meisten davon sind aber entweder unbekannt oder gelten als „retro“ (sprich: alt): Agata, Antonina, Barbara, Blanka, Dominika, Gabriela, Iga, Jagoda, Joanna, Kinga, Klaudia, Kornelia, Małgorzata, Marcelina, Martyna, Michalina, Nadia, Nikola und Zuzanna; Bartłomiej, Bartosz, Hubert, Ignacy, Igor, Kamil, Maciej, Marcin, Mateusz, Mikołaj, Miłosz, Nikodem, Stanisław, Tymoteusz und Wojciech.

Tschechien
Die typisch tschechische Liste hat mit der polnischen einige Gemeinsamkeiten, wenn auch nicht so viele, wie man aus deutscher Sicht vielleicht vermuten könnte. In Deutschland unbekannt oder unbeliebt sind Adéla, Alžběta, Aneta, Anežka, Barbora, Beáta, Daniela, Dominika, Eliška, Gabriela, Lucie, Markéta, Michaela, Nikola, Sabina, Štěpánka und Zuzana; František, Jáchym, Jaroslav, Jindřich, Jiří, Matouš, Mikuláš, Miroslav, Ondřej, Radek, Tadeáš, Václav, Vít und Vojtěch. Auf der umgekehrten Liste stehen wieder einige der üblichen Verdächtigen: Alina, Greta, Ida, Leni, Lisa, Mara, Marlene, Melina, Mira, Nele und Pia; Jona, Jonathan, Julian, Lennard, Liam, Linus, Mika, Moritz, Noah und Till.

Zusammengefasst:
Die vergleichsweise deutschesten Namen sind Nele, Pia und Till, die in allen vier betrachteten Nachbarländern als deutsch gelten (bzw. als österreichisch, denn wie wir ja festgestellt haben, macht das namenstechnisch keinen Unterschied), gefolgt von Carl, Frieda, Greta, Jannik, Jona, Lennard, Lotta, Marlene, Mika und Moritz mit jeweils drei Ländern. Spitzenreiter Anna, Ben, Hanna, Jonas, Leon und Sofia sind dagegen wahrlich international, sie tauchen auf keiner einzigen Liste auf. Insgesamt enthält dieser Artikel bis hier 94 Jungen- und 99 Mädchennamen, folglich scheint das Geschlecht keinen Einfluss auf die internationale Tauglichkeit eines Namens zu haben.

Für den Import nach Deutschland empfehle ich: Andrin aus der Schweiz, Lore und Nolan aus Belgien, Noa und Boaz aus den Niederlanden, Johanne und Storm aus Dänemark, Dominika und Mateusz (eingedeutscht zu Matheus) aus Polen und Radek und Adela aus Tschechien.

 

Als Quelle der Statistiken diente für Deutschland die Schätzung von Knud Bielefeld, für alle anderen Länder die Zahlen des jeweiligen nationalen Statistikamtes. Die Vornamensstatistiken aus Frankreich sind nicht öffentlich verfügbar.

veröffentlicht von

Wanda

am

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